Musikvermarktung: Label vs. Self Publishing

Musikvermarktung: Label vs. Self Publishing

Die Digitalisierung unserer Welt macht es auch Musikern immer einfacher, die eigene Musik selbstständig über verschiedene Kanäle zu vertreiben und sich selber zu vermarkten. Daher stellt sich für viele Künstler immer häufiger eine wichtige Frage. Sollte ich mich und meine Musik selbstvermarkten oder über ein Label veröffentlichen? Um diese Frage konkret diskutieren zu können und […]

Die Digitalisierung unserer Welt macht es auch Musikern immer einfacher, die eigene Musik selbstständig über verschiedene Kanäle zu vertreiben und sich selber zu vermarkten. Daher stellt sich für viele Künstler immer häufiger eine wichtige Frage.

Sollte ich mich und meine Musik selbstvermarkten oder über ein Label veröffentlichen?

Um diese Frage konkret diskutieren zu können und Vor- und Nachteile aufzuzeigen, sollten wir vorher eines klären: wenn wir im folgenden Artikel über Labels sprechen, sind keine der großen Major Labels Sony Music, Universal Music, Emi oder Warner Music gemeint. Wir möchten vor allem Indie Labels der Selbstvermarktung gegenüberstellen, da diese Gegenüberstellung für die meisten Musiker die wirklich interessante ist. Indie Labels (aus dem englische „Independent“) sind vor allem eins: unabhängig. Egal ob kleine 3-Mann-Labels oder größere Organisationen, soll hier erst mal keine Rolle spielen.

Der für viele Künstler entscheidende Unterschied zwischen Major und Indie Label ist, dass Major Labels ihre Künstler sehr häufig durch streng reglementierte Verträge kontrollieren und steuern. Indie Labels hingegen bieten ihren Künstlern weitgehende bis völlige künstlerische Freiheit. Selbstverständlich gibt es diverse andere Unterschiede zwischen den beiden Labelarten, auf welche in diesem Artikel aber nicht weiter eingegangen werden soll.

Sowohl für Label Veröffentlichung als auch für die Selbstvermarktung gibt es gute Gründe & Vorteile. Wir werden auf beide Möglichkeiten ein Auge werfen und die jeweiligen Vorteile ausarbeiten.

Label Veröffentlichung

 

#1 Support durch Netzwerk

Auch die meisten kleineren Labels werden sich mit der Zeit bereits ein gewisses Netzwerk an Unterstützern aufgebaut haben, welche regelmäßig und zu guten Konditionen für die Labels arbeiten. Dies könnte bedeuten, dass ein Team für verschiedene Dinge vorhanden ist. Vom bevorzugten Mastering Engineer, Designer, Promoter bis hin zum Marketing Profi.

Die Möglichkeit in diese Strukturen hineinzukommen bedeutet, dass du dir kein eigenes Team suchen musst und dadurch einen großen Nachlass im Arbeitsaufwand erfährst. Labels haben außerdem häufig bestehende Verbindungen zu Journalisten aus dem Musikbereich, was besonders in der Zeit während des Releases ein großer Vorteil sein kann.

#2 Kostenübernahme

Einer der größten Punkte im Bezug auf die Zusammenarbeit mit einem Label ist das Geld.

Sehr häufig ist dieser Punkt das entscheidende Kriterium. Indie Labels haben zwar nicht die gewaltigen Summen eines Major Labels für Produktionsphase und die anschließende Promotion zur Verfügung, aber sie werden für einige wichtige Dinge Budget zur Verfügung stellen:

  • Üblicherweise finanzieren Labels das Mastering des jeweiligen Künstlers. Der Künstler darf hierbei i.d.R. selber entscheiden, ob er einen eigenen Mastering Engineer beauftragt oder das Label den Job übernimmt
  • Labels arbeiten meist sehr eng mit Grafikdesignern zusammen, welche die Artworks für die Releases auf dem Label bereitstellen, sodass auch diese Kosten vom Label getragen werden.
  • Werden die zu veröffentlichen Tracks nicht nur digital vertrieben, fallen außerdem Kosten für das Brennen von CD’s und die Vinylpressung an. Außerdem wissen die meisten Labels bereits ganz genau, wo die gewünschte Qualität und verlässliche Lieferzeiten geboten werden, sodass auch die Künstler sich bei diesem Punkt entspannt zurücklehnen können.
  • In vielen Genres ein weiterer zentraler Punkt bei einem Release: das Musikvideo. Die Kosten für dieses selber zu tragen ist sicherlich nicht für alle Künstler machbar, besonders, wenn spezielles Makeup, Schauspieler, Equipment und ein kleines Filmteam benötigt wird. Ein Label wird hier einen großen Teil oder die kompletten Kosten decken.
  • Labels haben Erfahrung mit Promotion und bevorzugte Methoden. So werden nicht nur ein Großteil der Kosten übernommen, sondern diese durch erprobte Promotionwege kleiner gehalten als es für einen alleinstehenden Künstler möglich wäre.

Selbstverständlich gibt es auch viele weitere Punkte, mit denen Künstler von Labels profitieren können. Oben sollen nur die Punkte genannt sein, die üblicherweise im Bezug auf Veröffentlichungen relevant sind. Es ist natürlich nicht sicher, dass alle Labels die oben genannten Kostenpunkte tatsächlich alleine oder überhaupt mittragen. Je nach Größe und wirtschaftlichem Erfolg unterscheiden sich die Labels hier teilweise stark voneinander.

Da ein Label ein wirtschaftlich tätiges Unternehmen ist, werden diese Kosten vom Label nicht als wohlgesonnener Gefallen gesehen, sondern als nötiges Investment um aus den Verkäufen der Platten wieder mehr Geld in die Kassen zu spülen. Deshalb gilt es als gesetzt, dass bei Plattenverkäufen über ein Label nur ein deutlich kleinerer Teil des Umsatzes beim Künstler landet. Dafür muss dieser im Vorfeld nicht ins wirtschaftliche Risiko gehen.

#3 Reputation des Labels

Da sich bestehende Labels bereits eine Zuhörerschaft und einen gewissen Ruf erarbeitet haben, kann der Labelname hinter dem Künstlernamen für den Musiker einen gewaltigen Vorteil mit sich bringen, da das Label im Idealfall bereits mit guter musikalischer Qualität in Verbindung gebracht wird. Somit werden auch unbekanntere Künstler durch das Label schnell mit bekannteren Artists in Verbindung gebracht, welche ebenfalls auf dem Label veröffentlicht haben.
Bei der Labelwahl sollte also darauf geachtet werden, welchen Ruf das Label in der Szene hat, welche Zuhörerschaft das Label verfolgt, welche Artists dort gesigned sind usw.

Selbstvermarktung

 

Natürlich gibt es beim Weg der Selbstvermarktung einige Herausforderungen zu beseitigen, welche meistens genau das Gegenteil der im oberen Teil genannten Punkte im Bezug auf Labelveröffentlichungen sind. Dennoch wird die Wahl am Ende nicht leicht, wenn man sich einmal mit den Vorteilen dieser Vertriebsweise beschäftigt hat.

#1 Kreative Freiheit

Ist man nicht an Restriktionen eines Labels gebunden, eröffnet sich dem Künstler unendliche Freiheit. Kreiere die Musik die du liebst und machen möchtest, ohne zu überlegen, ob dieser Stil irgendwo unterkommen könnte. Kombiniere Genres in allen möglichen Wegen, erstelle verrückte Artworks, benenne deine Musik so wie du möchtest und verkaufe dich in der Öffentlichkeit so, wie du es für richtig hältst oder spiele auf Partys, auf der dich dein Label evtl. nicht gern gesehen hätte. Wählt man den Weg des Alleingangs, gibt es keine Restriktionen.

#2 Zeitlicher Vorteil

Ein Punkt der von vielen meist gar nicht beachtet wird oder ausreichend relevant erscheint. Die Bearbeitung der Tracks im Mastering, die Erstellung des Artwork bis hin zum finalen Absegnen der Songs. Das alles dauert Zeit und erfolgt in mehreren Feedbackloops. Laufen alle Prozess über das Label, dauert es zum Teil erheblich länger, ehe die Punkte vom Tischen sind. Besonders dann, wenn immer wieder Anpassungen gemacht werden müssen, weil eine Partei nicht zufrieden ist.

Geht man den Weg allein, bekommt man die Vorbereitungen deutlich schneller abgeschlossen und kann so wesentlich effizienter Musik veröffentlichen. Der Künstler muss ausschließlich selber mit allem zufrieden sein, ohne alles vom Label absegnen zu lassen. Die Kehrseite: wenn etwas schief geht, ist man selber dafür verantwortlich. Man sollte also zu jeder Zeit sehr sorgfältig arbeiten, da Fehler am Ende teuer werden können.

#3 Höhere Einnahmen

So schön wie der Vorteil der Kostenreduktion durch einen Labelbeitritt auch sein mag, so unschön ist auf der Kehrseite die Reduktion der eigenen Einnahmen. Die Gewinne welche rein mathematisch bei gleicher Anzahl an Verkäufen über die Selbstvermarktung erzielt werden, sind um ein vielfaches höher, als der Gewinn, welcher über das Label an den Künstler ausgeschüttet wird.

So gehen bei der Selbstvermarktung 100% (evtl. abzüglich Distributionsgebühr der Marktplätze) an den Künstler, wohingegen über die Labelvermarktung nur um die 15%-20% am Ende im Portemonnaie des Künstlers landen. Diese Zahlen variieren natürlich von Label zu Label und sind Vertragssache, können hier aber als Richtwert dienen.
Da man durch professionelle Promo- & Vermarktungsstrategie den Verkauf von Veröffentlichungen deutlich ankurbeln kann, sollte man immer die Überlegung mit einbeziehen, ob das Label in der Lage ist, deutlich mehr Verkäufe zu generieren als der eigene Vertrieb. Sollten nämlich deutlich mehr Verkäufe über den Ladentisch gehen, so würde trotz des geringeren Erlösanteils pro Verkauf, trotzdem am Ende mehr in die Kassen gespült werden.

Man sollte im Kopf behalten, dass bevor die attraktiven Mehreinnahmen durch eigene Vermarktung auf einen warten, die Kosten vor dem Release für den Künstler zunächst einmal deutlich höher sind (siehe Vorteil Label). Sollten diese Kosten selber getragen werden können, spricht in Sachen Einnahmen einiges für die Selbstvermarktung.

#4 Lizensierung / Syncs

Ein ebenfalls sehr interessanter Punkt ist das Thema Lizensierung.

Sollte z.B. eine Marke den Song entdecken und in einem Werbespot unterbringen wollen, müssen die meist recht attraktiven Einnahmen mit dem Label geteilt werden. Ebenso im Falle der Zusammenstellung einer Compilation durch ein anderes Label. Wurde der Lizenzvertrag einmal unterschrieben, gehört der Track zum großen Teil dem Label. Somit müssen alle generierten Einnahmen auch mit diesem geteilt werden.

Es hat also einen großen Vorteil, wenn die Lizenzrechte für die Musik direkt beim Produzenten bleiben. Nur dann gelingt es, den Großteil der Nutzungsgebühren für die Musik selbst einzukassieren.

#5 Eigene Regeln

Egal wie gut verhandelt wird. In den allermeisten Fällen gibt es doch noch irgendwelche Dinge in den Verträgen, über die man sich am Ende ärgern kann. Beispielsweise veröffentlicht das Label einen Track neu, obwohl man selbst den Fokus auf andere Tracks gelegt hätte oder deine Tracks werden auf einer Label Compilation veröffentlicht, auf welcher du persönlich gar nicht erscheinen wolltest.

Diese Punkte klingen evtl. für manche so, als wären sie eine Seltenheit, kommen im Musikgeschäft aber sehr regelmäßig vor. Am Ende ist das Label eben der „Arbeitgeber“ des Künstlers. Man hat zwar gewisses Mitspracherecht, final entscheidet aber eben das Label. Und dieses legt den Fokus nicht immer auf die Zufriedenheit des Musikers, sondern hat auch eigene wirtschaftliche Interessen zu befriedigen. Natürlich läuft das Spiel nicht bei allen Labels so. Gerade bei sehr kleinen familiären Labels, haben Künstler deutlich mehr Freiheiten. Dafür muss der Künstler aber eben an anderen Stellen Abstriche machen.

Wenn man sich bewusst macht, dass man bei einem Label viel Verantwortung abgibt, dafür aber auch viel weniger Mitspracherecht hat, erhält man ein klareres Bild, welcher der beiden Wege einem attraktiver erscheinen.

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich wohl sagen, dass die Entscheidung ob Selbstvermarktung oder der Weg über ein Label von den eigenen Möglichkeiten und Vorstellungen abhängt. Beide Wege haben ihre Daseinsberichtigung. Geld vs. Freiheit ist wohl in den allermeisten Fällen der entscheidende Punkt, über den es zu entscheiden gilt.

Solltest Du ein wirklich gutes Label finden, von dem du glaubst, dass es zu dir passt, achte stets darauf, dass du so viel Kontrolle wie möglich über dein Künstler Alias und deine Musik behältst.
Solltest du dich für die Selbstvermarktung und den Weg der freien Entscheidungen aussprechen, prüfe vor dem Start sorgfältig, ob genügend monetäre Mittel, Zeit und Wissen zur Verfügung stehen, sodass du das Projekt nicht nach der Hälfte wieder abbrechen musst und deine eigenen Ressourcen verschwendet wurden.

Viel Erfolg!

Julius
Julius

Julius ist Gründer von TrustedMusic, leidenschaftlicher Hobby Produzent und zertifizierter Tontechniker. Seit 2003 spielt er Klavier, hat mit 18 Jahren angefangen als DJ aufzulegen sowie elektronische Musik zu produzieren und im Jahr 2015 eine tontechnische Grundausbildung an der SET Schule in Berlin absolviert. Nun kombiniert er seine Interessen und hilft Musikern einen einfacheren Zugang zu professionellen Studios zu erhalten.