Workflow Tipps Teil 2/3: Beispielworkflows zum Produzieren

Workflow Tipps Teil 2/3: Beispielworkflows zum Produzieren

Im letzten Teil unserer Workflow Reihe, haben wir euch gezeigt, wie ihr mit Hilfe von Templates deutlich effizienter produzieren könnt. In diesem Teil möchten wir dir drei Möglichkeiten vorstellen, an deine Tracks heranzugehen. Selbstverständlich gibt es unzählige Wege, wie Tracks begonnen werden können. Wir haben uns die drei beliebtesten und aus unserer Sicht effizientesten Wege herausgesucht und […]

Im letzten Teil unserer Workflow Reihe, haben wir euch gezeigt, wie ihr mit Hilfe von Templates deutlich effizienter produzieren könnt.

In diesem Teil möchten wir dir drei Möglichkeiten vorstellen, an deine Tracks heranzugehen. Selbstverständlich gibt es unzählige Wege, wie Tracks begonnen werden können. Wir haben uns die drei beliebtesten und aus unserer Sicht effizientesten Wege herausgesucht und zeigen deren Vorteile und Nachteile auf.

Start mit Refrain/Chorus

Die Strategie „Start mit Refrain/Chorus“ beruht auf dem Ansatz, mit dem wichtigsten Teil des Tracks zu starten und sich anschließend zurückzuarbeiten.

Bei Loop basierter, elektronischer Musik sieht diese Strategie in Schritten etwa so aus:

  1. Das Erstellen eines 8 Takte Loops
  2. Vervollständigen dieses 8 Takte Loops zu etwas vollständig Klingendem
  3. Part vor Chorus (Refrain) erstellen
  4. Part nach Chorus (Refrain) erstellen
  5. Auf- und Abbau des Tracks erstellen

Diese 5 Schritte sind selbstverständlich variabel, je nachdem wie du deine Tracks üblicherweise arrangierst. Ziel ist es, mit dem Höhepunkt des Spannungsbogens im Track zu beginnen und alle anderen Teile diesem anzugliedern.

Warum diese Strategie?

Eine der grundlegenden Vorteile der Strategie ist es, dass du das Wichtigste des Tracks sofort bearbeitest. Schließlich ist ein Track nur dann gut, wenn der Hauptteil des Tracks knackig und rund ist.

Ein weiterer Vorteil ist, dass du im Anschluss Elemente und Ideen aus dem Chorus auf andere Teile des Tracks verlagern und editieren kannst. Beispielsweise kann dein Lead Synth aus dem Chorus auch direkt im Aufbau des Tracks verwendet werden oder du kannst die verwendeten Effekte ebenso in andere Parts des Tracks integrieren. Das Ergebnis ist, ein Track, der nicht überfrachtet, da alle Elemente die den Chorus ausmachen, ebenso in den Auf- und Abbau des Tracks integriert werden können.

Nachteile

Ein wesentlicher Nachteil ist es, dass es leicht ist, sich in der Perfektion des Hauptloops zu verfangen, ohne auch nur einen Schritt mit dem Track voranzukommen. Wer hier zu perfektionistisch ist, sollte sich vor dieser Gefahr hüten. Unsere Empfehlung: Lieber im ersten Schritt mit einem 80% Ergebnis zufrieden sein, um beim finalen Feinschliff des Tracks noch einmal ein wenig Feinarbeit leisten. Meistens ergeben sich die Problemlösungen dann von ganz alleine. 

Für wen ist die Strategie geeignet? 

Wenn du normalerweise mit dem Intro des Tracks startest, dich anschließend von vorne nach hinten durcharbeitest und im Anschluss häufig Probleme damit hast, einen passenden Chorus bzw. Hauptteil deines Tracks zu erstellen, dann ist diese Strategie für dich geeignet.

Du solltest immer mit dem Part anfangen,  welcher dir in einem Track am meisten Probleme bereitet. Dann passiert der Rest wie von selbst und du wirst mehr Musik beenden!

Gut geeignet ist diese Herangehensweise außerdem für all die Produzenten, die mehr Zeit zur Verfügung haben, während des Tages regelmäßig auf gute Ideen stoßen und diese schnell „zu Papier“ bringen wollen. Hier macht es überaus Sinn, die Idee in Form des Chorus vom Kopf in die DAW zu bringen. Auf- und Abbau lassen sich zu einem späteren Zeitpunkt dann leicht nachholen.

Tipps:

  • Füge so viele Elemente wie möglich zu deinem Chorus hinzu, umso leichter wird das Erstellen der andere Trackparts (natürlich nicht überfrachten – tendenziell gilt aber, wegnehmen ist einfacher als hinzufügen 😉 )
  • Wähle dir zu Beginn des Schaffensprozesses dein „Hauptinstrument“ welches eine wesentliche Rolle im Chorus spielen soll und baue alle anderen Elemente drum herum.

Start mit dem Arrangement

Die nun folgende Strategie ist unter den hier vorgestellten wohl die Unkonventionellste.

Bei diesem Workflow geht es darum, mit leeren Midi Clips, die aus den jeweiligen Spuren der Templates in das Arrangement gezogen werden (siehe:  Workflow Tipps Teil 1 – Templates), die Struktur des Tracks festzulegen, bevor mit den Instrumenten gestartet wird.

Da ein Track sehr viele Spuren enthalten kann, lässt sich diese Herangehensweise sowohl auf einem eher einfacheren als auch auf einem komplexeren Weg umsetzen.

In der Regel reicht es, dass nur die Drumspuren + Lead Synth in das Arrangement vorgezeichnet werden.screenshot1 Wer hier tiefer gehen möchte, kann selbstverständlich direkt weitere Spuren zum Aufbau hinzufügen.screenshot2

Warum diese Strategie?

Die Arrangement Strategie gibt dir einen klaren Rahmen, mit der du während des Produzierens arbeiten kannst. Anstelle mit einem Loop herumzuspielen und diesen im Anschluss zu arrangieren, hast du hier eine klare Vorgabe wie der Verlauf des Tracks aussehen soll.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, kritischer an das Arrangement heranzugehen. Da noch kein Audio- oder MIDI-Material in den Clips liegt, fokussierst du dich hier zunächst einmal ausschließlich auf den Trackaufbau. Dieser Fokus geht meist verloren, wenn bereits ein fertiger Loop vorliegt. Das konzeptionelle Denken wird hier stark in den Vordergrund gerückt.

Außerdem hilft die Strategie dabei, Tracks auch wirklich zu beenden. Zumindest zu 80%.

Den Track zu starten ist ziemlich einfach, da mit leeren Midi Clips gearbeitet wird. Somit kommt man sehr schnell in einen Flow ohne sich in kreativen Blockaden zu verlieren

Den Track zu beenden ist ebenfalls einfacher, da das Arrangement bereits vorhanden ist und nun nur konkret mit Elementen gefüllt und Automationen aufgezeichnet werden müssen. Dabei kommt es häufig zu dem Gefühl, als wäre der Track bereits gleich fertig ist und die Motivation bleibt auf einem arbeitsfähigen Level.

Nachteile

Dennoch: So wie jede Strategie bringt auch diese Nachteile mit sich.
Musiker sind kreative Menschen. Häufig mögen kreative Menschen keine strukturierten, unkreativen Herangehensweisen. Daher besteht die Gefahr, dass die Idee einen Track ohne Musik starten zu wollen, eine sehr langweilige Vorstellung sein kann und der Spaß bei der Sache verloren geht.

Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, die richtige Balance zwischen zu einfachen und zu komplexen Arrangements zu finden. Ist das Arrangement zu einfach, steht man am Ende erneut vor einem Problem und muss seine Elemente in das bestehende Arrangement integrieren. Ist es zu komplex, nimmt man jegliche kreative Freiheit während des eigentlichen Arbeitens und macht es außerdem schwer, den vorgegebenen Rahmen einzuhalten.

Empfehlenswert ist es, mindestens die Drums + die Leadsynths in das Arrangement zu packen. Effektklänge und begleitende Synths, können am Ende hinzugefügt werden.

Für wen ist die Strategie geeignet?

Die Arrangement Strategie ist ideal für die Produzenten geeignet, die keinerlei Schwierigkeiten damit haben, einen Loop zu erstellen, viel jammen, aber dennoch nie einen Track finalisieren. So wird der Workflow deutlich optimiert und es entsteht am Ende des Tages mehr Musik.

Doch auch für Musiker die einfach ihre Schwierigkeiten haben, ein Arrangement zu erstellen, ist diese Herangehensweise bestens geeignet. Es ist deutlich einfacher ein Arrangement mit blanken MIDI Clips zu erstellen als mit der eigentlichen musikalischen Idee.

Definitiv sollten diese Strategie alle diejenigen testen, die sich darüber beklagen, dass der Anfang beim Produzieren immer einfach ist, aber am Ende bis auf ein paar Loops nicht viel vorzuzeigen haben.

Tipps

  • Es kann helfen, Referenzsongs in das Projekt zu ziehen und das Arrangement nachzubauen. Das hilft ein gutes Verständnis über den Aufbau der Tracks in deinem Genre zu verstehen.
  • Wenn dir eine geniale Idee während des Arrangierens in den Sinn kommt, unterdrücke sie nicht, sondern baue sie direkt ein, sodass du an dieser Stelle später weitermachen kannst.
  • Füge keine kleinen Details in den Vorbau des Arrangements. Denke auch hier daran: Nutze 20% deiner Zeit für 80% des Ergebnisses.
  • Betrachte das erstellte Arrangement nicht als in den Stein gemeißelt. Wenn es die Musik im Nachgang erfordert, kann es selbstverständlich angepasst werden. Du solltest dich aber bemühen, deine Vorgaben so gut es geht einzuhalten, sonst hättest du dir die Arbeit zu Beginn sparen können.

Lineares Arbeiten

 

Beim linearen Workflow arbeiten wir uns klassisch von links nach rechts durch. Du startest also mit dem Intro und ergänzt Stück für Stück, bis der Track fertig ist.

Das heißt natürlich nicht, dass man später nicht noch einmal zurückgehen kann, um Anpassungen vorzunehmen. Es bedeutet nur, dass wir möglichst von links nach rechts arbeiten.

Warum diese Strategie? 

Eine der Hauptvorteile dieser Vorgehensweise ist es, dass das Resultat ein sehr feines Arrangement zur Folge hat. Es bringt ganz automatisch einen guten Flow innerhalb des Tracks mit sich, da hier mehr Fokus und mehr Zeit in die Kopplung zweier Tracksektionen gesteckt wird.

Wenn du mit dem Intro startest, fokussierst du dich auch automatisch darauf, dass Beste aus diesem Part herauszuholen. So werden auch die Parts mit 100% Einsatz bearbeitet, die bei anderen Workflows sonst gerne einmal stiefmütterlich behandelt werden. Außerdem gehen die Ideen des gerade bearbeitenden Parts direkt über in den darauffolgenden. Somit wird der Ablauf des Tracks sehr fein und linear.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der lineare Workflow Komplexität rausnimmt und beim Produzieren zum Großteil mit einfachen Ideen gearbeitet werden kann, da der Fokus klar auf einem Part im Track liegt und sich diese nacheinander aufbauen. Somit steht man nicht vor dem Problem von 0 auf 100 starten zu müssen und den Track dadurch zu überfrachten.

Nachteile

Dieser Workflow ist nicht für Produzenten geeignet, die dazu neigen, während des Arbeitens in kreative Blockaden zu fallen. Hier ist die Gefahr sehr groß, gegen eine Wand zu laufen und nicht weiter zu wissen. Es fehlt der Rahmen (Arrangement) und die Grundidee (Loop).

Außerdem besteht die Gefahr, dass sich die Ergebnisse von Track zu Track ähneln, wenn sich das eigene Vorgehen bei der von „Links-Nach-Rechts“ Arbeitsweise nicht großartig ändert. Man tendiert dazu, im Intro jedes Mal die gleichen grundlegenden Elemente zu verwenden und in ähnlicher Reihenfolge weitere Elemente hinzukommen zu lassen. Somit baut man einen Track immer und immer wieder gleich auf und erfindet seine Musik selten neu.

Des Weiteren besteht bei diesem Workflow die Gefahr, zu viel Zeit in Details zu verschwenden, die sich zum Abschluss während des Feinschliffs deutlich einfacher bearbeitet lassen. Du solltest also nicht Stunden für einzelne Parts in Anspruch nehmen, sondern auch hier die bereits weiter oben erwähnte 80/20 Regel anwenden. Was nicht heißt, dass man durch den Track hetzen soll. Du solltest lediglich darauf achten, dass du nicht mehrere Produktionssitzungen mit ein und demselben Part zubringst, da sonst die Gefahr steigt, den Track auf Grund von Perfektionismus gar nicht zu beenden.

Für wen ist die Strategie geeignet?

Der lineare Workflow ist definitiv eine Strategie, mit der es zu experimentieren gilt. Für einige Produzenten kann der lineare Prozess überhaupt nicht funktionieren, für wieder andere aber, wird dieses Vorgehen zu einzigartigen Ergebnissen führen.

Für viele Produzenten, die sich im Bereich progressiver Genres bewegen, passt diese Strategie wunderbar. Warum? Progressive Songs, wie der Name schon sagt, bauen sich nach und nach auf. Somit macht ein lineares Vorgehen hier durchaus Sinn.

Auf diese Weise lassen sich einfache Ideen schneller umsetzen, als beispielsweise mit der oben beschriebenen Chorus Strategie.

Die Strategie ist außerdem für diejenigen Produzenten gut geeignet, die Schwierigkeiten damit haben, in einem Song Spannung und Druck aufzubauen, da hier die einzelnen Parts des Tracks sowie die Übergänge zwischen diesen separat im Fokus stehen.

Fazit

Egal ob du mit dem Chorus startest, zuerst mit dem Arrangement beginnst oder linear vorgehst. Wichtig und entscheidend ist es, dass eigentliche Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren: Spaß haben am Musik machen und Songs beenden. Strategien beim Produzieren sollten dich niemals zu sehr einengen, aber sie sollen dir einen Rahmen geben, der dich in einen kreativen Flow katapultiert.

Nur wer eine klare Herangehensweise verfolgt, weiß von Session zu Session wo er aktuell im Track steht, was es noch zu tun gibt und wie der nächste Schritt aussieht.
Sind diese Dinge gegeben, bist du definitiv effizienter und hast am Ende der Woche mehr geschafft, als die meisten Produzenten.

Wir wünschen wie immer viel Erfolg mit euren Tracks!

 

 

Julius
Julius

Julius ist Gründer von TrustedMusic, leidenschaftlicher Hobby Produzent und zertifizierter Tontechniker. Seit 2003 spielt er Klavier, hat mit 18 Jahren angefangen als DJ aufzulegen sowie elektronische Musik zu produzieren und im Jahr 2015 eine tontechnische Grundausbildung an der SET Schule in Berlin absolviert. Nun kombiniert er seine Interessen und hilft Musikern einen einfacheren Zugang zu professionellen Studios zu erhalten.